Mädchenklasse erinnert sich an goldene Realschul-Zeiten in Soest
Man fängt beim Streichholz an zu sparen! Dieser Ratschlag ihrer Hauswirtschaftslehrerin klingt den ehemaligen Realschülerinnen, die vor 50 Jahren ihre Abschlusszeugnisse entgegennahmen, immer noch im Ohr.
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Sie erlebten in den 1960er- und 1970er-Jahren den Aufschwung der Realschule in Soest (von links): Ursula Korbmacher (geb. Schlunz), Maria Schönhense (Reichelt), Irene Leifert (Barnhusen), Barbara Hassenburs (Kanehl), Elisabeth Rüschoff (Schulte-Tochtrop), Renate Pieper (Kranepuhl), Lieselotte Gerwin, Angelika Schäfter (Schemann), Doris Kuhnke-Peters (Kuhnke)
Foto: Heyke Köppelmann
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Ein Blick ins alte Fotoalbum. Einige der Realschülerinnen in den 70er-Jahren
Foto: Hanne Krause

Das Programmheft der Abschlussfeier 1973 in der Aula der Realschule am Troyesweg
Foto: Heyke Köppelmann
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Eine Tafel am Eingang der heutigen Sekundarschule erinnert an die ehemalige Hansa-Realschule
Foto: Heyke Köppelmann

Erinnerungstafel am Hohen Weg, erster Standort der 1951 gegründeten Städtischen Realschule Soest. Auf dem Gelände steht heute der Erweiterungsbau des Kreishauses von 1985. Anlass des Neubaus am Hohen Weg: die am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Kreisreform, die die Kreisverwaltungen von Soest und Lippstadt zusammenführte. Die Realschule hatte im Oktober 1965 das moderne Gebäude am Troyesweg bezogen
Foto: Heyke Köppelmann
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Man fängt beim Streichholz an zu sparen! Dieser Ratschlag ihrer Hauswirtschaftslehrerin klingt den ehemaligen Realschülerinnen, die vor 50 Jahren ihre Abschlusszeugnisse entgegennahmen, immer noch im Ohr. Sie wussten schon damals, was es heißt, „nachhaltig“ zu denken, das nannten sie aber nicht so, denn der heute allgegenwärtige Begriff festigte sich erst später im Alltagssprachgebrauch. Sie lernten, praktisch zu kochen und achteten darauf, keine Lebensmittel zu verschwenden. Es gab seinerzeit auch noch keine Elterntaxis. Wer auf dem Land wohnte, fuhr mit dem Bus nach Soest. Der Jahrgang der früheren Zehntklässlerinnen, die sich jetzt bei Christ wiedersahen, steht beispielhaft für ein wechselvolles Kapitel Soester Schulgeschichte.
Top aktuell und zeitgemäß, das ist die passende Beschreibung für die Städtische Realschule Soest Mitte der 1960er-Jahren. Klare, gerade Linien in der Gestaltung kennzeichneten das von dem bekannten Soester Nachkriegsarchitekten Karl-Heinz Beyerling geplante junge Bauwerk am Ring. Die Klassenzimmer: hell und freundlich, die Fachräume groß und gut ausgestattet, der gesamte Neubau: zweckbestimmt und für die Zukunft errichtet. Moderne Aula, Lehrküche, Sporthalle, Schwimmbecken: alles vorhanden. Daran erinnern sich die Ehemaligen genau. Als sie im Sommer 1967 als neue Fünftklässlerinnen in das gerade einmal zwei Jahre alte Gebäude einzogen, erfreute sich die „Mittlere Reife“ im herkömmlichen Schulsystem gerade großer Beliebtheit – ein Erfolgsmodell. Die Zahl der Anmeldungen stieg beständig, aus einer Realschule wurden zwei, und die hießen auch so: Die Realschule I war zunächst im West-Flügel untergebracht, die Realschule II im östlichen Teil. Und auch das gehörte seinerzeit zum Alltag: Die Eingangsklassen waren so riesig, dass sie nach dem fünften Schuljahr geteilt wurden.
Die früheren Schülerinnen der Realschule II holten bei ihrem Treffen die alten Zeiten ins Gedächtnis zurück. Keine von ihnen hätte es seinerzeit für möglich gehalten, dass der Boom einmal abebbt. Ganz im Gegenteil: Bei einem immer stärkeren Interesse reichte der Platz schon bald nicht mehr aus, es wurde immer enger. Die geburtenstarken Jahrgänge waren zu Schulkindern herangewachsen. So drängten sich nicht selten mehr als 40 Jungen und Mädchen in einem Raum. Die Realschule I – später Hansa-Realschule – brauchte das gesamte Gebäude. Die Realschule II, die seit 1978 den Namen des Malers Christian Rohlfs trägt, wechselte 1976 zum Paradieser Weg, viele Jahre Standort des traditionsreichen früheren Mädchen-Gymnasiums. Heute befindet sich am Troyesweg die Sekundarschule. Die Hansa-Realschule – einst Realschule I – besteht nicht mehr, sie wurde vor drei Jahren aufgelöst, in den 1970er-Jahren kaum vorstellbar.
Die Fünftklässlerinnen von 1967 blieben übrigens bis zum Abschluss im zehnten Jahrgang unter sich, die Jungs gingen in die Parallelklasse, das nannte sich geschlechtergetrennter Unterricht. Auf dem Stundenplan der Mädchen standen neben Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie, Geschichte, Erdkunde, Leibesübungen die Fächer Hauswirtschaft, Handarbeit und Werkerziehung. Sie lernten, dass auch junge Damen ihren Mann stehen können. Die Jungen mussten sich dagegen nicht in Sticken und Nähen üben, auch Kochen und Warenkunde waren für sie nicht vorgesehen.
Heyke Köppelmann
Publiziert am:
30.12.23