„Literarischer Einschluss“ und „Club der jungen Buch-Ritter“ beleben die „Rittersche“
Die Tür fällt zu, das Licht brennt, es ist Abend, und man hat die Buchhandlung ein paar Stunden ganz für sich allein.

Enneke Siedler ist glücklich, in der „Ritterschen“ die Leidenschaft für Bücher mit ihren Kunden teilen zu können
Foto: Heyke Köppelmann

Die Tür fällt zu, das Licht brennt, es ist Abend, und man hat die Buchhandlung ein paar Stunden ganz für sich allein. Man stöbert in den wandhohen Regalen, vertieft sich in einen Roman, liest spannende Geschichten, blättert in Bildbänden, sucht in Reiseführern nach interessanten Zielen, und das alles in gemütlicher Runde mit netten Leuten, die sich gegenseitig die Klappentexte vorlesen oder sich über aktuelle Krimis austauschen, die gerade auf ihrem Nachttisch liegen.
„Literarischer Einschluss“ nennt sich dieses Angebot – eine frische Idee aus Soests ältester Buchhandlung. Die „Rittersche“ am Potsdamer Platz ist wegen ihres einzigartigen Flairs auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Generationen schritten schon über die knarzenden Holzdielen, um sich über die Neuerscheinungen ihrer Lieblings-Schriftsteller zu informieren, Geheimtipps zu finden oder zu gucken, was auf den Bestseller-Listen steht. Kunden schätzen die heimelige Atmosphäre, sie mögen die verwinkelten Ecken, in denen sie beim Schmökern schnell mal die Zeit vergessen. Wohl jeder, der über den Potsdamer Platz geht, bleibt an der „Ritterschen“ stehen und blickt erst einmal in die Schaufenster.
Mit der Buchhändlerin Enneke Siedler begann im Januar 2021 ein neues Kapitel im Soester Traditionshaus, als sie die Nachfolge von Gundula Rohe antrat. Letztere ist die Nichte von Dorothee Merseburger-Zahrnt, die die Rittersche 1970 übernommen hatte. Gundula Rohe stieg 1991 als Inhaberin ein. Die beiden Frauen führten die Buchhandlung über Jahrzehnte sehr erfolgreich und schrieben somit selber ein Stück Soester Geschichte. Die 1836 gegründete „Rittersche“ ist nicht nur eine Soester Institution, wie Enneke Siedler meint, „sondern großartig und besonders“. Sie erinnert sich an einen Bummel, etwa Ende der 1990er-Jahre, als sie zu Besuch in Soest war und die „Rittersche“ entdeckte. Inhaberin einer solch traditionellen und persönlich geprägten Buchhandlung zu sein, das wäre ein Traum, dachte sie sich – ein Traum, der nun Wirklichkeit wurde.
„Ich versuche, die Rittersche zu meiner Buchhandlung zu machen“, sagt sie und setzt Akzente. Der „Literarische Einschluss“ trägt ihre Handschrift und die ihres Teams. Die Einladung zum Beispiel an gute Freundinnen oder Kollegen, die außerhalb des Büros etwas unternehmen möchten, lautet: „In geschlossener Gesellschaft können Sie sich einen ganzen Abend in der Ritterschen einschließen lassen. Sie kommen, wir Buchhändlerinnen gehen und lassen Sie mit den Büchern allein.“
Für Kinder, „die heute schon lesen möchten, was morgen angesagt sein wird“, gibt es den „Club der jungen Buch-Ritter“. Die 8- bis 14-Jährigen bekommen Exemplare, die erst erscheinen sollen, sie gehören damit zu den ersten Lesern, und für die Buchhändlerinnen ist es spannend, die Meinung der Junioren zu hören.
Enneke Siedler freut sich jeden Tag darauf, mit ihren Kunden ins Gespräch zu kommen, sie mit ihrem Team zu beraten und mit ihnen die Leidenschaft für Bücher zu teilen. Da wird die historische Buchhandlung auch mal zum Ort eines Speed-Dating, was frei übersetzt so viel bedeutet wie „Schnelles Kennenlernen von neuen Leuten“. Die Premiere ist gerade gelaufen: Vier Autorinnen machten mit, sie lasen aus ihren Werken, das Publikum hörte zu, zog nach einer Weile zum nächsten Tisch, nach der Pause wechselten auch die Autorinnen, und die nächste Runde startete.
Heyke Köppelmann
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Publiziert am:
30.12.23