Die Köhlers sahen die Soester baden gehen

Erzählen frühere Stammgäste über das alte Freibad, geraten sie ins Schwärmen und könnten mit ihren Geschichten ganze Bücher füllen. Sie schildern, wie sie ihre ersten Züge im nassen Element wagten; wie sie bei schönem Wetter den besten Platz auf der Liegewiese aussuchten, ihre Handtücher ausbreiteten, und es sich den lieben langen Tag gut gehen ließen; wie sie anfangs noch mit zitternden Knien auf den Turm stiegen, mit mulmigem Gefühl auf dem Drei-Meter-Brett standen und dann beherzt in die Tiefe sprangen.

Viele Soester, die die Namen Monika und Lothar Köhler hören, denken sofort an fröhliche Freibad-Zeiten am Feldmühlenweg. Als Schwimmmeister behielt der inzwischen 81-Jährige über drei Jahrzehnte hinweg das Gewusel in den Becken sicher im Blick. Seine Ehefrau bezog im Kiosk ihren Posten, reichte Pommes rot-weiß durchs Fenster oder mischte bunte Tüten mit Süßigkeiten. Die beiden genießen inzwischen das Rentnerleben und hatten gerade erst allen Grund zum Feiern, denn sie gehen seit 60 Jahren gemeinsam durchs Leben. Als sie heirateten, war die Braut 16 Jahre jung, als diamantene Hochzeiter halten sie es für erwiesen: „Jung gefreit hat nie gereut“.

Schauen die beiden zurück, dann kommt es ihnen so vor, als sei die Zeit wie im Flug vergangen. „Es war sehr schön“, denken sie gerne an ihr berufliches Tun im Freibad zurück - ein kleines Ferienparadies am Soestbach für Familien und Freundes-Cliquen. Kinder zahlten ein paar Pfennig Eintritt. Mit Sack und Pack samt Kühltasche für die Verpflegung machten sich die Badegäste damals auf den Weg. Sonnenanbeter richteten sich auf ihren Decken bequem ein und genossen zwischendurch die Abkühlung im Wasser. Die Köhlers kamen 1969 zum Freibad, und sie verabschiedeten sich mit dem Ruhestand. Von der Wohnung im historischen Wärterhäuschen ging es zu Beginn des neuen Jahrtausends nach Oestinghausen ins neue gemütliche Eigenheim. Das Soester Freibad ist seit 2005 Geschichte, der Betrieb lief mit dem Bau und der Eröffnung des modernen Aquafuns am Ardeyweg aus.

Badegäste damaliger Zeiten erinnern sich daran, wie Lothar Köhler das Getümmel auf der weitläufigen Anlage achtsam im Auge behielt. Mit bestimmten, aber ausgeglichenem Wesen trug er zum unbeschwerten Badevergnügen bei, zunächst als städtischer Mitarbeiter und dann nach Wechsel der Trägerschaft ab 1999 bei den Stadtwerken. Die Leute sollten Spaß haben und sich sicher fühlen. „Meinen Dienst habe ich immer als Verpflichtung den Bürgern gegenüber angesehen“, sagt der 81-Jährige. An manchen Sommertagen war er bis kurz vor Mitternacht im Einsatz, als gelernter Schlosser hielt er auch die Technik in Schuss, spätabends nahm er sich beispielsweise noch die Filteranlagen vor. Morgens um sieben standen oft schon die ersten Soester vor der Tür, die vor der Arbeit noch ihre Bahnen ziehen wollten. War es heiß in der Börde, strömten die Besucher herbei, manchmal reichte die Schlange vor der Kasse bis zur Straße.

Der gebürtige Schlesier ist weithin bekannt als einer der größten Elvis-Presley-Fans überhaupt.  Als begeisterter Musiker spielte er früher in mehreren Bands, unter anderem auf dem legendären „Heuboden“ im oberen Stockwerk der Brauerei Bäcker (heute Aloisius) in der Ulricherstraße. Wenn er dort mit den „Semitones“ loslegte, war das Publikum nicht zu halten. Auch mit „The Gentleman’s“, mit der Band „Joker Five“, den „Jason Boys“ und den „Rainbows“ traf er den Ton der Zeit. Genauso wie in „seinem Freibad“.

Heyke Köppelmann

Publiziert am:

30.12.23